Plötzlich bist du nicht mehr da…

Trauernde Kinder und Jugendliche

Von einer Sekunde auf die andere ist plötzlich nichts mehr wie es einmal war –ein Unfall, ein Suizid, eine schreckliche Krankheit, eine Todesnachricht von einem geliebten Menschen. Wir hadern mit dem Schicksal, es tauchen Fragen nach der Vergänglichkeit auf und wir beschäftigen uns mit dem Sinn des Lebens. Gerade wenn ein junger Mensch stirbt, löst das nicht nur bei nahen Angehörigen, sondern auch bei Freundinnen und Freunden eine tiefe Trauer und Betroffenheit aus. Diese Trauer kann sich sehr unterschiedlich äußern, z.B. durch völligen Rückzug oder im Überspielen von Verletzlichkeit und Unsicherheit („versteckte Trauer“), aber auch durch Ablenkung, Verleugnung, Risikoverhalten, Regression und Aggression. Typisch für jugendliche Trauer ist zudem das „switchen“ – ein schneller Wechsel zwischen den Gefühlslagen. Es kann auch sein, dass die Trauer „vertagt“ wird, und dann erst zu einem späteren Zeitpunkt (mitunter erst Jahre später) „nachgeholt“ wird (z.B. ausgelöst durch eine erneute Verlusterfahrung). Von komplizierter oder pathologischer Trauer spricht man dann, wenn der Verlust auch nach längerer Zeit nicht verarbeitet bzw. der Alltag nicht bewältigt werden kann. Hier sollte auf jeden Fall professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden!

Handlungsorientierungen

Was können Bezugspersonen, Lehrer/innen, Begleiter/innen, Jugendarbeiter/innen, … für trauernde Jugendliche tun?

  • Für die Aufarbeitung des Todes ist es sehr wichtig, dass wir uns dem Schmerz stellen und uns den Verlust des Menschen bewusst machen. Der Tod sollte also nicht beschönigt oder verharmlost, sondern angesprochen werden.
  • Hilfe und Unterstützung anbieten (jemanden anrufen, Taxidienst…)
  • Kraftquellen und Ressourcen aktivieren (Was tut mir gut?)
  • erzählen lassen und zuhören
  • Zeit lassen und Geduld haben, Trauernde ermutigen, mit sich selbst Geduld zu haben
  • keine Trostfloskeln verwenden („das wird schon wieder…“, „es hätte schlimmer sein können…“). Oft sind keine Worte notwendig, sondern das Dasein, ein Händedruck, eine Umarmung,… helfen viel mehr.
  • die eigene Betroffenheit zulassen und authentisch sein
  • auf Grundbedürfnisse achten: essen, trinken, schlafen
  • Struktur und Regelmäßigkeit bieten Sicherheit
  • kleine, alltägliche Rituale können Orientierung und Halt geben, z.B. ein Ritual, dass zu der verstorbenen Person passt (Lieblingsplatz,…)

Es ist auch wichtig für Jugendliche zu wissen, dass nach abnormalen/extremen Ereignissen manche Reaktionen (z.B. körperliche Reaktionen, wiederkehrende Bilder, Schuldgefühle, Panik, Ohnmacht…) ganz normal sind (Psychoedukation). Solche Belastungsreaktionen können bis zu vier Wochen andauern.

Grundsätzlich hat jede/r Mensch eine eigene Form der Trauer – es gibt keine richtige oder falsche. Wichtig: Als Bezugsperson für den/die Betroffene da sein, im Bewusstsein, dass wir ihm/ihr den Schmerz/die Trauer nicht abnehmen können.

Prävention und Unterstützung im Anlassfall

Orientierungstage – Leben mit Krisen, Verlust und Abschied

Für Schulklassen ab der 8. Schulstufe gibt es auch ohne konkreten Anlassfall die Möglichkeit, sich im Rahmen eines Orientierungstages mit dem Thema „Wenn das Schicksal Kreise zieht – Leben mit Krisen, Verlust und Abschied“ zu beschäftigen. Der Tag bietet Jugendlichen Hilfestellung für die Bewältigung von Krisensituationen.

www.orientierungstage-vorarlberg.at

Vergiss mein nicht

Um jungen Menschen eine jugendgerechte Form des Abschiednehmens von einem Freund/einer Freundin zu ermöglichen, wurde das Projekt „Vergiss mein nicht“ der Jungen Kirche Vorarlberg ins Leben gerufen. Es ist ein überkonfessionelles Angebot für Schulen oder Vereine, wo junge Menschen in einem sozialen Netzwerk eingebettet sind und plötzlich mit dem Tod konfrontiert werden. Ein Abschiedsritual bietet Unterstützung, um den Tod eines nahestehenden Menschen gemeinsam besser verarbeiten zu können. Auch ein Erinnerungsritual, z.B. zum Jahrestag, Geburtstag des/der Verstorbenen oder dem Ausbildungsabschluss der Hinterbliebenen,… kann hilfreich sein. Es wird auf die jeweilige Situation individuell eingegangen.

Kontakt: Dominik Toplek (Priester und Mitarbeiter beim Kriseninterventionsteam), 0676-83240 8193, www.junge-kirche-vorarlberg.at

HOKI – Hospiz für Kinder und Jugendliche

Kontakt: Beatrix Berthold, 0676-88420 5112 / www.hospiz-vorarlberg.at

Angebote:

  • Begleitung und Beratung für trauernde Kinder, Jugendliche und ihre Familien
  • Trauertreffs – Gruppen und Einzelbegleitung
  • „Dafür sind wir nicht zu klein“ – Philosophieren mit Kindern über Krankheit, Tod und Trauer – im Anlassfall oder zur Bewusstseinsbildung in Schulen und Kindergärten

 

Suizid: www.bittelebe.at – Fakten, Signale und Hilfe bei Suizidgefährdung von jungen Leuten. Im Fall eines Suizids wird empfohlen, professionelle Beratung und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Psychiatrische Ambulanz LKH Rankweil: 05522 403

 

Rat auf Draht – 147 – Telefonberatung für Kinder, Jugendliche und deren Bezugspersonen

 

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